Edith-Stein Berufskolleg führt „Frieden, Freiheit und Demokratie sind keine Selbstverständlichkeit (mehr)“-Projekt in der Normandie durch

Francis Levavasseur ist 1937 geboren und hat als Kind die Besatzung der Normandie durch die Deutschen und die Landung der Alliierten miterlebt. In einem kleinen Ort, ca 10 km entfernt von der Landungsküste, wuchs er mit seiner Schwester auf einen kleinen Bauernhof auf. Bereits 1939 kam sein Vater in deutsche Kriegsgefangenschaft nach Mecklenburg- Vorpommern. 

Am 9. Juni 1944, drei Tage nach der Landung der Alliierten, versteckten sich die Bewohner der kleinen Bauernschaft vor den deutschen Soldaten außerhalb ihres Dorfes in einem Wasserloch, denn es kam immer wieder zu schweren Gefechten zwischen den alliierten und deutschen Truppen. Unter den 18 Personen, die das Versteck aufgesucht hatten, befanden sich auch F. Levavasseur, seine Mutter, seine Schwester und der Bruder der Mutter. Die Menschen wurden in ihrem Versteck entdeckt und von einem deutschen Soldaten erschossen – nur die Kinder überlebten, weil sich ihre Mutter schützend über sie gelegt hatte. Trotz seiner schrecklichen Erlebnisse begann F. Levavasseur Deutsch zu lernen und war vor 42 Jahren Mitbegründer der Städtepartnerschaft zwischen Scharmede und und dem normannischen Dorf Cérisy. Seit dieser Zeit besuchen sich die beiden Dörfer im Wechsel in Frankreich und Deutschland statt.

Levavasseur durfte jetzt eine Schülergruppe des Edith-Stein-Berufskollegs im Rahmen ihrer einwöchigen Fahrt in die Normandie kennenlernen. Den zutiefst berührten Schülern und ihrer Französischlehrerin Kirsten Geschke, die auch im Scharmeder Partnerschaftskomitee mitarbeitet, berichtete F. Levavasseur von den Ereignissen am 9. Juni 1944. Die Schüler waren beeindruckt von F. Levavasseur, der trotz seiner schrecklichen persönlichen Erfahrungen sich entschieden hat, mit dem ehemaligen Feind in Kontakt zu treten und sich sogar sein Leben lang dafür zu engagieren, dass regelmäßige Begegnungen zwischen Menschen der beiden Länder stattfinden können.

Neben dieser persönlichen Begegnung mit dem Zeitzeugen besuchten die 23 Schülerinnen und Schüler des Edith-Stein-Berufskolleg außerdem den amerikanischen Soldatenfriedhof in Colleville-sur-mer, die Landungsstrände, und nahmen an einem französischsprachigen Workshop zum „Alltag während der deutschen Besatzung in Frankreich“ im Memorial in Caen teil. Den Abschluss der Fahrt bildete ein Tagesausflug zum „Innehalten“ des Erlebten, zum Klosterberg Mt. St. Michel.

Die aktuellen politischen Entwicklungen in Europa machen es gerade aktueller denn je, Schülerinnen und Schüler für die in der Vergangenheit leider sehr blutige gemeinsame Geschichte von Deutschen und Franzosen zu sensibilisieren und damit Europa zu stärken.

Die Fahrt wurde finanziell gefördert vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der Bezirksregierung Detmold und dem Projekt „Demokratie leben“ im Kreis Paderborn.